AutorIn: Stefan Wacker | 1. April 2021 | Kategorie: Kollaboration
Personas sind das CX-Werkzeug, das am kontroversesten diskutiert wird, so meine Erfahrung aus Kundenprojekten.
Manchen helfen sie sofort und dort lösen sie viele neue Denkprozesse und Lösungsansätze aus. Und bei anderen erzeugen sie einen regelrechten Widerstand, so dass die Arbeit mit Personas jeglichen Flow im Keim zu ersticken droht.
Tipps für die Arbeit mit Personas
Für den ersten Fall gebe ich unten noch ein Beispiel aus meiner Praxis. Doch zunächst einige Tipps, die erfahrungsgemäß die Arbeit mit Personas erleichtern:
- Iterativ vorgehen. Wie bei allen Tools ist es auch bei Personas sinnvoll, mit einem ersten groben Wurf zu starten, mit diesem zu arbeiten und ihn dann schrittweise zu verfeinern, wo es uns nützt.
- Weniger ist mehr. Häufig gibt es die Befürchtung, nicht ausreichend zu differenzieren oder nicht das ganze Bild abzudecken und so entstehen zu viele Personas. Dann geht der Nutzen von Archetypen verloren. Natürlich sind Personas Vereinfachungen – wie jedes Modell. Doch diese Vereinfachungen sollen uns ja dabei helfen, wesentliche Erkenntnisse zu gewinnen und uns auf diese zu fokussieren.
- Redundanzen vermeiden. Viele Abteilungen, viele Projekte, viele Berater (!) führen oft zu vielen Persona-Ansätzen. Selbstverständlich ist es viel einfacher, sich schnell eigene Personas zu entwickeln. Die passen dann zu den eigenen Vorlieben und Denkmustern und unsere Welt bleibt in Ordnung. Nur hat sie nicht mehr so viel mit der Realität zu tun. Es sind überall, an jedem Touchpoint, doch die gleichen Kunden, auf die wir treffen. Und im CX-Management geht es gerade darum, Silos zu überwinden. Und diese Silos sind fast immer „Denk-Silos“. Oft löst der Prozess des gemeinsamen Diskutierens über Personas schon die entscheidenden Erkenntnisse aus. (Siehe mein Praxisbeispiel unten.) Das ist mühsam. Aber es ist CX-Management.
- Sichtbarkeit herstellen. Die meisten Personas leben in Schubladen. Und irgendwann erinnert sich mal jemand an sie und holt sie wieder hervor. Den Aufwand für diese Personas sollten wir uns tatsächlich sparen. Personas sollen uns eine Orientierung geben, um uns in unserer Wertschöpfung immer wieder an ihnen auszurichten. Dazu müssen sie präsent sein. Das lässt sich kreativ gestalten und wir brauchen sie dazu auch nicht in Hochglanz. Es soll ja Teams geben, die für die wichtigste Persona immer einen Stuhl im Meeting freihalten. Heute wäre das dann wohl ein Avatar in unseren Zoom-Konferenzen.
Und hier mein Praxisbeispiel
In einem Service Design Projekt, in dem es darum ging, neue bzw. bessere Angebote für die Kunden zu entwickeln, hätten wir im Grunde schon nach der Erarbeitung der Personas aufhören können. Denn durch die Zuammenarbeit mehrerer Bereiche und den „Zwang“, sich auf gemeinsame Personas zu einigen, wurde deutlich: das größte vertriebliche Potenzial liegt beim Kunden bei einer Gruppe von Mitarbeitern, die noch niemand im Auge hatte, nämlich bei den Qualitätsmanagern.
Alle Anstrengungen fokussierten sich bisher auf die Techniker als Ansprechpartner, die aber völlig andere Bedürfnisse hatten. Für sie sollte der Prozess bequem, schnell, ohne großes eigenes Zutun vonstatten gehen. Die Qualitätsmanager legten Wert auf Dokumentation, auf Zertifizierungen, auf persönliches Renommee. Beide Gruppen also wichtig, aber beide mit völlig unterschiedlichen Bedürfnissen. Hinzu kam in diesem Fall, dass die Qualitätsmanager bislang völlig übersehen wurden, aber sogar mehr Einfluss hatten. Den Erfolg dieser Arbeit mit Personas können Sie sicher leicht abschätzen.